Die goldenen Regeln der analytischen Einkaufssteuerung

Auf den Wertbeitrag des Einkaufs setzen, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten

Durch ein volatiles Marktumfeld und den zunehmenden Wettbewerbsdruck richten sich in vielen Unternehmen die Augen wieder verstärkt auf die Gestaltungsinitiativen des Einkaufs.

Gestalten und Agieren im Einkauf setzt nutzbare Transparenz bei Zahlen, Daten und Fakten voraus. In einer Einkaufsstudie mit dem Titel „What really matters to the CFO – Erwartungen an den Einkauf“ von Horvath und Partner heißt nicht zum ersten Mal die über allem stehende Erwartung „Die Erzielung GuV-wirksamer Einsparungen“. So weit, so bekannt. Der Bedeutung von über 90 % als zu priorisierendes Thema wird seitens der CFOs jedoch nur ein Umsetzungsstand von maximal 50 % attestiert. Woher kommt diese Diskrepanz? Da wir in mehr als 25 Jahren Projekterfahrung noch keinen Einkaufsleiter kennengelernt gelernt haben, der nicht das Thema Einsparungen ganz oben auf der Agenda hat, liegt die Vermutung nahe, dass ein Teil dieser Diskrepanz in der Kommunikation zwischen Einkauf und CFO liegt.

Der allgemein im Einkauf verwendete Begriff der „Savings“ beinhaltet nicht zwingend GuV-wirksame Einsparungen. Prozess- einsparungen, Cost-Avoidance oder Einsparungen gegenüber Angeboten gehören zum einkäuferischen Handlungspool, haben aber häufig keine Auswirkung auf die GuV, laufen aber unter dem Begriff „Savings“. Wenn dann noch seitens des Einkaufs Preissteigerungen, die auf Wechselkursveränderungen, Rohstoffindizes oder technische Änderungen basieren, aus der berichteten Materialkostenwicklung herausgerechnet werden, obwohl diese natürlich das Unternehmensergebnis beeinflussen, ist es kein Wunder, dass die „Savingswelt“ des Einkaufs auf Geschäftsleitungsebene oft nicht verstanden und akzeptiert wird. Somit muss sich die vom Einkauf so oft geforderte Transparenz zunächst einmal auf die Definition beziehen, was als GuV-wirksame Einsparung zu verstehen ist.

Aufsplittung der Materialkosten
Alles, was im Einkauf passiert, schlägt sich in Zahlen nieder und hat seine Wirkungen auf die unternehmerischen Zielgrößen: GuV, Liquidität , Budget oder Working Capital. Diese wertmäßigen Auswirkungen müssen unverfälscht, auf Rechnungsbuchungen basierend, berichtet werden. Und somit ist jede Preissteigerung zunächst einmal vom Einkauf als solche wahrzunehmen und als Materialkostenveränderung zu berichten und nicht als „nicht vom Einkauf beeinflusst“ vorab wegzurechnen. Geht man jetzt den nächsten Schritt und splittet die ermittelte Materialkostenentwicklung in seine Einflussgrößen auf, erweitert diese Erkenntnis die einkäuferischen Handlungsspielräume massiv. Die vorhandene Zahlenwelt des Einkaufs aus Rechnungen, Bestellungen und Stammdaten ermöglicht diesen Zahlensplitt in fast jedem ERP-System. Somit ist der Weg frei, exakt nachzuvollziehen, inwieweit Rohstoffzuschläge, technische Änderungen, Sonderfrachten, Währungsschwankungen, Single Sourcing, Dispositionsverhalten, Mengenabhängigkeiten die Rechnungspreise und somit die Materialkostenveränderung beeinflussen. Diese Aufsplittung der Materialkosten, die für jeden ambitionierten Einkauf einen Meilenstein darstellt, setzt somit einen Einkaufsleiter in die Lage, seine Steuerungsfunktion wertschöpfend zur Geltung zu bringen.

Für den präzisen Blick nach vorne
Die hier beschriebene Vorgehensweise betrachtet die einkaufswirksame Materialkostenentwicklung, da mit gebuchter Rechnung die Einkaufswirksamkeit, aber noch nicht die GuV-Wirksamkeit gegeben ist. Erst mit der Lagerentnahme des Materials wird die GuV Wirksamkeit hergestellt, worauf ein Einkauf keinen Einfluss hat. Somit müssen in dieses Rechenwerk Lagerbestand und die Entnahmezyklen eingebaut werden, um tatsächlich die Überleitung einkäuferischen Handelns zur GuV zu ermitteln. So sehr auch in vielen Unternehmen am Thema Einkaufserfolgsmessung gearbeitet wird, um die Auswirkung des vergangenen einkäuferischen Handels auf die heutige GuV zu errechnen, ein CFO erwartet mit nicht weniger Nachdruck den Blick nach vorne: •Wo liegen künftige Risiken in der Preisentwicklung, welche Einflussgrößen auf die Materialkosten sind steuerbar, welche nur sehr schwer? •Wie hoch ist das fixierte Einkaufsvolumen und welche Kapazitäten sind gesichert ? Neben den naturgemäßen Unsicherheiten der Entwicklungen von Preisen, Währungen und Märkten hat der Einkauf auch noch mit dem Problem der Mengenunsicherheit zu kämpfen. Sauber in die Zukunft weisende Mengen für Zukaufskomponenten sind eher die Ausnahme. Die meisten Einkäufer müssen mit den Mengen der letzten zwölf Monate auskommen, obwohl es eigentlich nicht so schwer ist über die Auflösung von Stücklisten und geplante Verkaufsmengen auf die Sekundärbedarfe zu kommen.

Den Fokus auf’s Endprodukt richten
Die Lösung der naturgemäßen Unsicherheit liegt in der Verwendung von Simulationsvarianten. Ein Vorgehen, das in den meisten Einkaufsabteilungen aufgrund der vorhandenen Datenmassen als undurchführbar gilt. Moderne Analysesoftware ist aber in der Lage, Planungsgerüste schnell und effektiv für Simulationszwecke einzusetzen. Am Ende ergibt sich statt eines Planungspunktes, ein Werteraum, der Preisentwicklung, Liquiditätsentwicklung, Marktindizes, Budget und weitere Einflussgrößen mit hoher Wahrscheinlichkeit sauber abdeckt. Gepaart mit einer quartalsmäßigen Überarbeitung der vorhandenen Planung, die um neue Marktsichten und Preisabschlüsse ergänzt wird und einem regelmäßigen Soll-Ist Abgleich von Preisen, Mengen und Quoten inkl. eines aussagekräftigen maschinellen Forecasts, wird die Einkaufsplanung zum proaktiven Unterstützer jedes agilen Handelns im Einkaufs. Wer im Einkauf transparente Analysewerte seines vergangenen Handelns und seiner Planziele in Aktivitäten umsetzen, kontrollieren und steuern will, muss sich zwangsläufig mit dem Thema Initiativenmanagement auseinandersetzen. In der einkäuferischen Praxis wird hierfür meist Excel verwendet, was naturgemäß schnell an seine Grenzen stößt. Da in der Regel keine inhaltliche und wertemäßige Integration in vorhandene Analyse- und Berichtssysteme existiert, muss vieles von Hand gesucht und hinterlegt werden. Die Anforderung eines Einkaufs diesbezüglich ist eine helfende Anbindung an die vorhandene Datenwelt, die eine Kommunikation zu Lieferanten und nach innen zu Projektbeteiligten ermöglich. Somit lassen sich Meilensteine definieren, Härtegrade verfolgen, geplante Maßnahmenergebnisse mit den Ist-Werten vergleichen, Ebit-Wirksamkeit und Carry-over-Effekte darstellen. Die wortreich geforderte Agilität des Einkaufs wird in Form aussagefähiger Dashboards, die auf Knopfdruck vorhanden sein müssen, für jeden Dritten nachvollziehbar und berichtbar und ist auf diese Art ein echter Steuerungshebel.

Künftig unerlässlich für den Einkauf
In der Hektik des Alltages wird häufig vergessen, dass alles Handeln des Einkaufs auf die Verkaufsprodukte gerichtet sein sollte. •Wie wirken sich Marktpreisveränderungen auf welche Produkte aus? •Welche Produktkostenreduzierungen sind möglich, wenn alternative Einkaufsquellen gesucht werden? •Wie sind Zielpreise aus der Einkaufsbrille zu bewerten? •Wie ist das Zusammenspiel aus technischen Änderungen und Preisänderungen im Zeitverlauf zu beurteilen? All diese Fragen begegnen uns als Softwareanbieter immer häufiger und die Lösungen, die wir dazu anbieten, erweitern den Horizont des Einkaufs. Für jeden Einkäufer heißt dies dazuzulernen und seine Markt- und Fachkenntnisse im Produktumfeld stärker zur Geltung zu bringen. Je schwieriger das Marktumfeld für ein Unternehmen wird, desto mehr wird vom Einkauf erwartet, seine Rolle als aktiver Wertetreiber im Unternehmen in noch höherem Maße wahrzunehmen.

„Alles was im Einkauf passiert, schlägt sich in Zahlen nieder und hat seine Wirkungen auf die unternehmerischen Zielgrößen GuV, Liquidität, Budget oder Working Capital. Diese wertmäßigen Auswirkungen müssen unverfälscht, auf Rechnungsbuchungen basierend, berichtet werden.“

Werner Güntner